Freitag, 21. September 2007

Liebe? Macht?

Ich hab vorhin mal ein bißchen im Kathechismus gelesen. Da kommen die Worte Liebe und Würde sehr häufig vor. Es stehen schöne Sachen drin, beschützende, beruhigende, helfende, gütige Worte. Ich dachte bislang, diese Attribute sind es, die den christlichen Glauben ausmachen.

Nun war ich in Rom. Auf dem Petersplatz, im Petersdom und in den vatikanischen Museen, der wahrscheinlich bedeutendsten Kunstsammlung der Welt. Alles an einem Tag - was ein Wahnsinn ist, weil nicht zu verarbeiten. Die Sixtinische Kapelle war die letzte Station an diesem langen Tag, und erst dort ist es mir gelungen, etwas beruhigendes, gütiges, liebevolles zu finden. Sie ist mit meinem Verstand von Kunst nicht zu beschreiben, aber sie ist schön. Einfach wunderschön, klein und fast bescheiden. Ich hatte einzwei Tränchen im Knopfloch.

Im Petersdom auch. Da bin ich heulend rausgelaufen. Aber nicht vor Rührung. Vor Zorn, und weil ich mich so erniedrigt gefühlt habe. Mein Gedanke war dauerd: Das könnt ihr doch nicht mit uns machen! Die einzige Botschaft, die dieser Dom an mich ausgestrahlt hat, war: Macht.

Der Petersdom ist so unbeschreiblich groß, dass Notre Dame in Paris dagegen wie ein Fliegendreck wirkt. Man kann entweder die Augen demütig zu Boden senken und den prachtvollen Marmor betrachten, oder den Kopf in den Nacken legen und vor Ehrfurcht erstarren. Es gibt dort nichts, was sich auf Augenhöhe befindet. Selbst die Säulenfüße beginnen erst auf Kopfhöhe. Ich bin eine halbe Stunde völlig fassungs- und orientierungslos durch den Dom gelaufen und konnte zuerst gar nichts denken.

Und dann habe ich gesucht. Nach einem Anzeichen von Liebe oder Güte ... nichts. Das Zentrum, der Ursprung des christlichen Glaubens entbehrt jeglicher Umarmung des Menschen, der sich hineinbegibt. Im Gegenteil. Der Mensch wird mit billigen wahrnehmungspsychologischen Tricks so klein gemacht, dass seiner Würde beraubt nichts mehr von ihm übrig bleibt.

In manchen Nischen konnte man beten. Da war eine Frau, ja, sie war ärmlich gekleidet, keine Touristin. Die stand nach ihrem Gebet auf und faltete einen Geldschein, den sie in einen der zahlreichen dafür vorgesehen Kästen warf. Ab da liefen mir die Tränen.

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