Letzten Sommer wurde nebenan ein Haus gebaut. Der Baulärm war enorm - mein Monitor wackelte auf dem Schreibtisch, wenn der Bagger fuhr - und das tat er oft. Nach zwei Monaten hatte ich einen festsitzenden Tinnitus, dem auch eine Therapie beim HNO nicht mehr beikommen konnte. Auf die Frage, wie gestresst auf einer Skala von 1 bis 10 ich sei war die Antwort: acht. Der nette Arzt: Sie müssen was tun! Raus aus dem Alltag!
Ich buchte Mallorca. 5 Sterne, 5 Tage, alleine. Meeresrauschen statt Ohrrauschen. Die Tage verbrachte ich mit Sport. Wandern, Joggen, Schwimmen. Und beim Schwimmen hatte ich mein Schlüsselerlebnis. Ich soff nämlich fast im Hotelpool ab. Während ich früher locker meine 1000 Meter mit der linken Hand wegschwimmen konnte, befand ich mich nun in der Mitte des sehr großen Pools wo ich nicht mehr stehen konnte und merkte, dass meine Arme schlapp machten. Auweia! Anflug von Panik ... nicht schön.
Natürlich soff ich nicht ab, aber die Erkenntnis, so gar keine Muskulatur mehr in den Armen zu haben, traf mich heftig. Wieder zu Hause dann die Frage: Was machen? Mir Hanteln kaufen und zu Hause ein bisschen Hausfrauengymnastik machen? Nein, das würde ich nicht durchhalten. Doch wieder mehr Badminton spielen? Schwierig, weil immer von einer anderen Person abhängig, und Muskeln baut man davon auch nicht unbedingt auf. Also doch: Fitness-Studio.
Ich war in der Vergangenheit schon zweimal in Fitness-Studios angemeldet. Das zweite war sogar nur 5 Gehminuten entfernt. Trotzdem ging ich nach anfänglicher Euphorie nicht mehr hin. Mich ödete das an, die Leute nervten mich. Fatburn, Bauch/Beine/Po, Stäp (!), Wörkout, die Tussis in ihrer schnickeligen Sportswear ... näää! Fand ich furchtbar.
Überwindung. Eine Freundin nahm mich mit zu McFit. Nur mal gucken. Ich da rein und sofort verliebt. Eine Muckibude ohne Schnick und Schnack. Alles was das Herz begehrt und sogar ein Hantel-Eckchen für Mädchen. Ich ließ mir alles mögliche zeigen, machte einen Vertrag und trainiere nun seit 6 Monaten ohne Ausnahme drei mal die Woche. Es ist großartig!
Ich habe das Training konsequent in meinen Tagesablauf integriert. Dienstags und Donnerstags sehr früh aufstehen und so trainieren, dass ich um 8 Uhr fertig bin. Dann noch mindestens am Samstag oder Sonntag. Der Spruch vom Mann: "Hälste ja eh nicht durch" zu Beginn meiner Kraftsport-Karriere hat mich motiviert.
Mittlerweile habe ich sichtbare Beinmuskeln und die Bündchen an meinen T-Shirts spannen :-) Ich habe 6 Kilo abgenommen und eine wirklich schöne Figur bekommen - so sah ich seit 20 Jahren nicht mehr aus. Aber das beste ist, dass mir der Kraftsport richtig viel Spaß macht! Es tut weh, man muss an Grenzen gehen, es gehört auch eine gewisse seelische Stabilität dazu, wenn man es richtig machen will. Vor manchen Übungen habe ich sogar Angst. Aber danach fühle ich mich, als hätte mir jemand die Schrauben wieder festgezogen. Ich habe endlich MEINE Sportart gefunden.
Der Tinnitus ist geblieben. Zum Glück ist es ein Rauschen und kein Pfeifen. Er ist ein Mistkerl, aber ich habe mich mit ihm arrangiert. Bleibt mir ja nichts anderes übrig. Ohne ihn hätte ich meinen Lieblingssport nicht gefunden. Alles ist ja zu irgendwas gut, sagt man ...