Montag, 14. Mai 2007

Stadtleben

Wenn ich in Kassel bin, habe ich immer eine Schreibblockade. Deshalb war es hier so ruhig. In Kassel gucke ich viel rum, es gibt so viel zu sehen. Von meiner kleinen Wohnung aus beobachte ich die Haltestelle und den Dönerladen und die Leute die so rumlaufen. Da gibt es kurze Augenblicke, die ganze Geschichten erzählen. Die Geschichten erzähle ich mir dann selber weiter und vertreibe mir damit meine Freizeit.

Jetzt begegnen mir plötzlich überall Gesichter, die mir bekannt vorkommen, die ich aber seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen habe. Und erst Stunden oder Tage später fallen mir ihre Namen wieder ein. In der Königsstraße, an der Supermarktkasse, an der Tankstelle, in der Kneipe, überall diese Gesichter. Sogar der durchgeknallte Ex - das Intermezzo - von vor 14 Jahren läuft mir über den Weg. Er trägt jetzt einen Bart wie Abraham Lincoln und ich glaube, er ist immernoch durchgeknallt.

Das durch und durch anonyme Mehrparteienhaus wird phasenweise zur Herausforderung. Irgendjemand kegelt mit irgendwas morgens um halb fünf über den Laminatboden, und zwei Stunden später fangen die Gerüstbauer an zu klappern. Die Studentin von unten lädt ihre Meute zum Grand Prix gucken ein - was an sich noch nicht schlimm ist, denn das Stimmengewirr wird schnell zum Gemurmel, wenn man sich mal dran gewöhnt hat. Schlimm ist es erst, wenn eine Tussi dabei ist, die bei jedem kleinen Scherz in kreischiges Gekicher-Gröhle verfällt, als ginge es um ihr Leben. Und das alle 20 Sekunden. Ein Halleluja auf meine Ohropax (man muss sie erst im Ohr anwärmen und dann das Wachs nochmal ordentlich in die Ohrmuschel reinkneten, dann verstummt auch die letzte Kichertussi).

Dann war da noch der Handwerker, der meine Klospülung repariert hat. Ich frage mich immernoch, warum er mir erzählt hat, dass seine Frau stolz auf ihn ist, wenn "er steht" (die geile Sau). Aber vielleicht sind manche Handwerker einfach so.

Jetzt bin ich wieder zurück im Wilden Süden. Wurde bei Ankunft von Milliarden Pollen begrüßt, die mir nach einer Woche Stadtleben einen zornigen Hautausschlag beschert haben. Morgen kommt ein Handwerker. Wenn er frech wird, kriegt er eins auf die Nuss. Ich will sowas echt nicht hören!

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